Die geschichtliche Unrechtmäßigkeit des katalanischen Separatismus

Vortrag vom 6. März 2019 im Europäischen Parlament in Brüssel, anlässlich der von der Gruppe der Europäischen Konservativen und Reformisten (EKR) und VOX organisierten Veranstaltung: „Katalonien, Region Spaniens“.


Was mir obliegt, ist, ihnen kurz die Falschheit der geschichtlichen Rechtmäßigkeit der Sezession Kataloniens zu erklären. In Anbetracht der begrenzten verfügbaren Zeit werde ich ihnen kurz acht Sachverhalte erläutern, um die unaufhörliche geschichtliche Verfälschung der Separatisten zu beantworten.

 

1- Die erste, beinahe überflüssige Tatsache ist, dass Katalonien eindeutig kein Selbstbestimmungsrecht hat, ein von der UNO sehr klar definiertes Recht, dessen Eigentümer die ehemaligen Kolonialgebiete oder diejenigen sind, die unter ausländischer Herrschaft stehen, was offensichtlich nicht der Fall von Katalonien ist.

 

2- Die zweite besteht in der Besessenheit der Separatisten, sich aus der vergangenen Existenz eines Königreichs, eines Herzogtums, einer Grafschaft, einer Republik oder einer anderen Staatsform das Recht auf Sezession im 21. Jahrhundert herauszuholen; können Sie sich vorstellen, dass aus der Existenz der Königreiche Essex, Wessex oder Mercia im achten Jahrhundert jemand das Recht seiner Bewohner abgeleitet hat, sich im 21. Jahrhundert von England zu trennen? Es gab in Italien die Republiken Venedig und Genua, das Königreich Sardinien, das Königreich Neapel und das Königreich beider Sizilien, und werden diese italienischen Regionen daher das Recht haben, sich im 21. Jahrhundert von Italien zu trennen? In Deutschland gab es die Königreiche Bayern, Preußen, Sachsen, Hannover oder Württemberg sowie weitere 39 Staaten des germanischen Bundes. Können Sie sich das Gelächter in Deutschland vorstellen, wenn jemand behauptet, dass die Bewohner der Gebiete, in denen diese Königreiche existierten, das Recht haben, im 21. Jahrhundert unabhängig zu werden? Und vergessen Sie nicht das kleine Detail, dass all diese Königreiche, von denen ich gerade gesprochen habe, zumindest die Tugend hatten, zu existieren, wogegen es niemals ein unabhängiges Königreich Kataloniens gab. Wenn also in keinem dieser Gebiete die Bewohner das Recht haben, sich von ihren Ländern zu trennen, warum sollten dann die Bewohner Kataloniens dieses Recht haben?

 

3- Die Separatisten behaupten, dass Katalonien etwas Fremdes für Spanien ist, dass ihre Verbindung zu diesem Land sehr schwach gewesen sei. Aber Katalonien war schon immer ein Teil Spaniens, und zwar mindestens seitdem Rom begann, den Völkern der iberischen Halbinsel Verwaltungsform zu verleihen, wobei die katalanische Tarragona die erste Hauptstadt der römischen Hispania war. Und später wurde dann das katalanische Barcelona die erste Hauptstadt der westgotischen Hispania. Seitdem haben die Katalanen an allen historischen Unternehmungen Spaniens teilgenommen: an der acht Jahrhunderte dauernden Rückeroberung gegen die muslimischen Invasoren, an der Entdeckung und Eroberung Amerikas usw. Denn zusammen mit Kolumbus und Hernán Cortés waren viele Katalanen, und viele der ersten Evangelisten Amerikas waren katalanische Mönche. Jetzt, da wir in Brüssel sind, können wir es nicht vermeiden, uns an die Tercios von Flandern zu erinnern, wo viele katalanische Soldaten unter Herzog von Alba kämpften, obwohl die katalanischen Separatisten es natürlich nie erwähnt haben.

 

4- Als Viertens behaupten die katalanischen Separatisten, dass Spanien ein unzusammenhängendes, unvollkommenes, instabiles und unterentwickeltes Land ist. Aber wenn wir einen Blick auf Europa werfen, werden wir sehen, dass Länder, die so unbestritten und beständig sind wie Italien oder Deutschland, erst vor einhundertfünfzig Jahren vereint wurden. Was Frankreich betrifft, eine weitere ganz offensichtliche Nation, so sind Savoyen und Nizza erst kürzlich, 1860, beigetreten. Und das Elsass und Lothringen hingegen schon wesentlich weniger: nämlich genau einhundert und ein Jahr, am Ende des Ersten Weltkriegs im Jahr 1918. Was Polen betrifft, so werden wir je nach dem Jahrhundert, von dem wir sprechen, feststellen, dass es sich hinsichtlich der Größe und der Lage auf der Karte verändert. Und es ist sogar für lange Zeit verschwunden. Spanien hingegen ist seit sechs Jahrhunderten das, was es ist. Nun, wenn keine dieser Regionen dieser Länder trotz ihrer jüngsten Aufnahme das Recht auf Sezession hat, warum sollte es dann Katalonien, das seit zweitausend Jahren in Spanien ist? 

 

5- Die fünfte Sache betrifft Schottland, dessen Referendum 2014 ein sehr beliebtes Beispiel für katalanische Separatisten ist. Aber das Beispiel ist unangemessen, zumal die britische Verfassungsgesetzgebung nicht die spanische ist, und daher ist es unverständlich, warum diese auf Spanien oder ein anderes Land der Welt übertragen werden sollte. Schließlich ist die britische Gesetzgebung offensichtlich das Ergebnis der britischen Geschichte. Immerhin haben 1707 zwei Parlamente, nämlich das schottische und das englische, von zwei Königreichen, Schottland und England, vereinbart, sich durch den „Act of Union“ zum Königreich Großbritannien zu verschmelzen. Aber im Falle Spaniens gab es nie ein katalanisches Parlament eines Königreichs Katalonien, das sich gleichberechtigt mit einem spanischen Parlament eines Königreichs Spanien darauf geeinigt hat, das Vereinigte Königreich Spanien durch ein Unionsgesetz zu bilden. Somit sind die historische Erklärung und die rechtlichen Folgen völlig unterschiedlich. 

 

6- Ein weiteres wesentliches Element der irreführenden separatistischen Propaganda ist, dass Katalonien im Jahr 1714 von Spanien besetzt wurde. Ein Argument, das innerhalb und außerhalb Kataloniens häufig benutzt wird. Nach außen, um Sympathien unter den Unkundigen zu gewinnen, die daran glauben, dass es sich um ein kleines Land handelt, das von einer größeren Macht besetzt wurde. Und im Inneren, um die Katalanen, besonders die Kinder, einer Gehirnwäsche zu unterziehen. Ein Beispiel: Der Separatistenführer Artur Mas erklärte im Februar 2012 der Tageszeitung Le Monde, dass „Katalonien seit dreihundert Jahren gewaltsam dem spanischen Staat angehört, nachdem es Schlachten und Kriege verloren hat“. Aber das ist einfach eine Lüge. Was 1714 in Spanien geschah, war kein Krieg zwischen Spaniern und Katalanen, sondern zwischen den Anhängern des habsburgischen Kandidaten und denen des Bourbonen. Und in allen spanischen Regionen, einschließlich Katalonien, gab es von den einen und den anderen. Aber da Barcelona der letzte Widerstand des schließlich besiegten habsburgischen Kandidaten war, wird er mit der entsprechenden Verzerrung als ein Krieg zwischen Spaniern und Katalanen dargestellt. Und übrigens war der Hauptgrund für die wohl mehrheitliche Unterstützung des habsburgischen Kandidaten in Katalonien die traditionelle Frankophobie der Katalanen, ein Detail, das Artur Mas der Le Monde natürlich nicht erklärt hat.

 

7- Eine weitere der Lügen, von großer propagandistischer Wirksamkeit, mit der die europäische Öffentlichkeit normalerweise berauscht ist, ist die Behauptung, dass Katalonien die Sezession verdient, weil es besonders unter dem Franco-Regime gelitten hat. Dies ist offenbar weder der Zeitpunkt noch der Ort, um es zu erklären. Ich möchte ihnen lediglich drei kurze Fakten nennen: Es gab mehr katalanische Freiwillige, die auf der Franco-Seite als auf der republikanischen Seite kämpften; im Franco-Regime wimmelte es von Ministern, Parlamentariern, Botschaftern und anderen hochrangigen katalanischen Beamten; und Katalonien war die Region, die am meisten von der Wirtschaftspolitik Francos profitiert hat. Wir könnten uns bis ins Unendliche erstrecken, aber ich möchte ihnen nur eine Information geben: Als Franco im Jahr 1975 starb, hatte Katalonien, das 6 % des spanischen Territoriums ausmacht, 45 % der Autobahnkilometer.

 

8- Schließlich noch ein weiteres Argument von großer sentimentaler Wirksamkeit: die katalanische Sprache als Rechtfertigung für die Sezession, ein sinnloses Argument, wenn es in der Propaganda verwendet wird. Seit wann ist eine Sprache gleich einer Nation? Es wird geschätzt, dass etwa 6.000 Sprachen auf der Welt gesprochen werden und 193 Nationen bei der UNO vertreten sind. Was nun? Was stimmt hier nicht? Gibt es 5.800 Sprachen zu viel auf der Welt? Oder fehlen bei der UNO 5.800 Nationen? Aber lassen Sie uns näher an Europa herankommen. Das einzige europäische Land, in dem nur eine Sprache gesprochen wird, ist Island. Alle anderen sind mehrsprachig. Hier in Belgien zum Beispiel werden drei Sprachen gesprochen: Französisch, Flämisch und Deutsch. Und in Frankreich oder Italien, scheinbar einsprachige Länder, werden mehr Sprachen gesprochen als in Spanien: Wird Frankreich, die Une et Indivisible Republic, bereit sein, dem Elsass die Unabhängigkeit zu gewähren, weil dort Deutsch gesprochen wird, der Bretagne, weil dort Bretonisch gesprochen wird, der Provence, weil dort Provenzalisch gesprochen wird, Korsika, weil dort Korsisch gesprochen wird, den atlantischen Pyrenäen, weil dort Baskisch gesprochen wird und dem Roussillon, weil dort Katalanisch gesprochen wird? 

 

Beenden wir das Ganze: Katalonien hat kein geschichtliches, rechtliches, ethnisches, sprachliches, kulturelles oder sonstiges Recht auf Sezession. Oder wie die Separatisten es formulieren, kein Recht zu entscheiden, was der Euphemismus ist, ganz zu schweigen von der unanwendbaren Selbstbestimmung.

 

Aus welchen besonderen Vorrechten, aus welcher besonderen Überlegenheit sollten die Katalanen das Recht haben, einseitig über die Zerstörung Spaniens zu entscheiden, während die anderen Spanier ihren Mund halten müssten? Wir dürfen nicht vergessen, dass der wiederholte nationale Aufbau Kataloniens nichts anderes ist als die nationale Zerstörung Spaniens.

 

Würden Sie, meine Damen und Herren aus Frankreich, Italien, Großbritannien, Polen und Deutschland, akzeptieren, dass die Bewohner einer Region beschließen sollten, ihre Nationen zu zerstören, ohne dass die anderen Bewohner der anderen Regionen an der Entscheidung teilnehmen können?

 

Tatsächlich besteht das Recht zu entscheiden: Das Recht, dass alle spanischen Bürger, über die Existenz oder das Verschwinden Spaniens zu entscheiden, haben.